In diesem kurzen Artikel möchte ich darlegen, dass der Glaube an eine Reinigung der Seele von “Narben”, die durch Sünden entstanden sind, der Glaube der frühen Christen war und man ihn in jeder Zeitperiode finden kann. Ich möchte nochmal explizit darauf hinweisen, dass es in diesem Artikel nicht um die biblische Grundlage dieses Dogmas geht, sondern alleine um die Zeugnisse der frühen Christen zu dieser Thematik. Die biblischen Grundlagen dazu, sind in einem anderen Artikel zu finden. Hier geht es um die Interpretation der frühen Kirche.
“So geht der Gläubige durch große Zucht, indem er sich der Leidenschaften entledigt, in das Haus über, das besser ist als das erste, nämlich in die größte Qual, wobei er das Merkmal der Reue über die Sünden, die er nach der Taufe begangen hat, mitnimmt. Er wird dann noch mehr gequält, weil er noch nicht oder nicht ganz das erreicht hat, was er bei den anderen zu erreichen glaubt. Außerdem schämt er sich für seine Übertretungen. Dem Gläubigen sind in der Tat die größten Qualen zugedacht. Denn Gottes Gerechtigkeit ist gut, und seine Güte ist gerecht. Und wenn auch die Strafen mit der Vollendung der Sühne und der Läuterung eines jeden aufhören, so haben doch diejenigen sehr großen und dauernden Kummer, die der anderen Schar für würdig befunden werden, weil sie nicht zu denen gehören, die durch die Gerechtigkeit verherrlicht worden sind.”
Hl. Clemens von Alexandrien (150-215), Stromata 6.14
Man beachte, dass der hl. Clemens von Alexandrien ganz direkt von “Gläubigen” spricht, die durch diese Strafen müssen für Sünden, die sie nach ihrer Taufe (Wiedergeburt) getan haben. Es ist ein frühes Zeugnis aus der Kirche/Gemeinde in Ägypten, also laut Überlieferungen dem Ort, an den der hl. Apostel Petrus seinen Evangelisten den hl. Markus sandte, um die dortige Gemeinde aufzubauen. Man merke sich an dieser Stelle, dass wir nun einen hohen Stuhl der antiken Kirche als Zeugen haben!
Der heilige Kyrill von Jerusalem (315-386) beschreibt in seiner 23. katechetischen Vorlesung die verschiedenen Gebete, die während der heiligen Liturgie gesprochen werden. Katechese über die verschiedenen Gebete, die während der heiligen Liturgie dargebracht werden:
“Nachdem das geistliche Opfer, der unblutige Gottesdienst, beendet ist, bitten wir Gott über diesem Sühneopfer um den gemeinsamen Frieden der Kirchen, um das Wohlergehen der Welt, für die Könige, für die Soldaten und Verbündeten, für die Kranken, für die Betrübten, mit einem Wort, für alle, die des Beistands bedürfen, beten wir alle und bringen dieses Opfer dar. Dann gedenken wir auch derer, die vor uns entschlafen sind, der ersten Patriarchen, Propheten, Apostel und Märtyrer, damit Gott auf ihre Gebete und Fürbitten hin unsere Bitten erhört. Dann auch für die heiligen Väter und Bischöfe, die vor uns entschlafen sind, und mit einem Wort für alle, die in den vergangenen Jahren unter uns entschlafen sind, in der Überzeugung, dass es eine sehr große Wohltat für die Seelen sein wird, für die das Bittgebet erhoben wird, während dieses heilige und furchteinflössende Opfer dargebracht wird. Und ich möchte euch durch eine Illustration überzeugen. Denn ich weiß, dass viele sagen: Was nützt es einer Seele, die entweder mit Sünden oder ohne Sünden aus dieser Welt geht, wenn man ihrer im Gebet gedenkt? Denn wenn ein König einige verbannt, die ihm Unrecht getan haben, und dann die, die zu ihnen gehören, eine Krone flechten und sie ihm für die Bestraften darbringen, würde er dann nicht einen Erlass ihrer Strafe gewähren? So flechten auch wir, wenn wir ihm unsere Bitten für die Entschlafenen darbringen, obwohl sie Sünder sind, keine Krone, sondern opfern Christus, der für unsere Sünden geopfert wurde, und versöhnen damit unseren barmherzigen Gott für sie wie auch für uns selbst.”
Nun fügen wir dem Zeugnis aus Alexandrien auch den Stuhl Jerusalems hinzu. Man beachte auch ganz klar, wie das von uns Katholiken “heilige Messopfer” genannte eucharistische Verständnis des hl. Kyrills war. Er sieht die Eucharestie ohne jeden Zweifel als “Opfer” an. Unblutig da der Herr dieses Opfer blutig am Kreuz für uns tat.
Aber kommen wir zum Thema zurück und zum nächsten Vater, der darüber Zeugnis gab:
“Nicht umsonst wurde von den Aposteln angeordnet, dass in den ehrfurchtgebietenden Mysterien der Verstorbenen gedacht werden sollte. Sie wussten, dass es hier viel Gewinn für sie gab, viel Nutzen. Denn wenn das ganze Volk mit erhobenen Händen dasteht, eine priesterliche Versammlung und dieses furchteinflössende Opfer dargebracht wird, wie sollten wir dann, wenn wir Gott rufen, nicht erfolgreich sein, sie zu verteidigen? Aber dies geschieht für diejenigen, die im Glauben abgeschieden sind, während selbst die Katechumenen dieses Trostes nicht für würdig gehalten werden, sondern alle Mittel der Hilfe beraubt sind, außer einer. Und was ist das? Wir können den Armen in ihrem Namen Almosen geben.”
Hl. Johannes Chrysostomus (349-407), Philipper-Kommentar, Vierte (Dritte) Homilie, 4
Das ist der Patriarch von Konstantinopel gewesen. Ein Vater, der das biblische Griechisch beherrscht hat und von “Almosen” im Namen der Verstorbenen sprach. Auch hier sieht man die deutliche Sprache im Bezug auf die Eucharestie, die auch er als Opfer ansah. Auch ist es faszinierend zu sehen, dass er davon sprach, dass dies einen apostolischen Ursprung hat, was die Lehre klar zum Teil der göttlichen Offenbarung macht und bedeutet, dass es eine christliche Glaubenswahrheit ist.
“Außerdem, was die Nennung der Namen der Toten betrifft, was ist daran etwas Nützliches? Was ist zeitgemäßer oder vortrefflicher, als dass diejenigen, die noch hier sind, glauben sollten, dass die Verstorbenen leben und dass sie sich nicht ins Nichts zurückgezogen haben, sondern dass sie existieren und mit dem Meister leben? Und damit diese erhabenste Verkündigung vollständig erzählt werden kann, woher haben sie Hoffnung, die für die Brüder beten, als ob sie nur in einem fremden Land weilten? Nützlich ist auch das Gebet, das im Namen des Erben gestaltet wurde, auch wenn es nicht alle ihm vorgebrachten Schuldvorwürfe zurückdrängt. Und es ist auch nützlich, denn in dieser Welt stolpern wir oft freiwillig oder unfreiwillig, und so ist es eine Mahnung, es besser zu machen. Denn wir gedenken der Gerechten und Sünder; von Sündern, die Gottes Barmherzigkeit für sie erflehen; der Gerechten und der Väter und der Patriarchen und Propheten und Apostel und Evangelisten und Märtyrer und Beichtväter und der Bischöfe und Einzelgänger…”
Hl. Epiphanius von Salamis (310-403), Panarion 75.8
Auch der hl. Epiphanius liefert das Zeugnis, dass den Toten während des antiken Gottesdienst seiner Zeit gedacht wurde und für sie gebetet wurde so wie die Väter zuvor.
“Wie die Gläubigen wissen, gibt es eine kirchliche Disziplin, wenn die Namen der Märtyrer an jenem Ort am Altar Gottes laut vorgelesen werden, wo kein Gebet für sie dargebracht wird. Für andere Verstorbene, an die man sich erinnert, wird jedoch gebetet. Denn es ist falsch, für einen Märtyrer zu beten, dessen Gebete wir selbst anerkennen sollten“ (Predigt 159.1) „Aber durch die Gebete der Heiligen Kirche und durch das Heilsopfer und durch die Almosen, die für ihren Geist gegeben werden, besteht kein Zweifel, dass den Toten geholfen wird, damit der Herr mit ihnen barmherziger handelt, als ihre Sünden es tun würden verdienen. Denn die ganze Kirche hält sich an diese von den Vätern überlieferte Praxis: dass sie für die in der Gemeinschaft von Leib und Blut Christi Verstorbenen betet, wenn sie im Opfer selbst an ihrer Stelle gedacht werden; und das Opfer wird auch in ihrem Gedenken an sie dargebracht. Wenn also Werke der Barmherzigkeit um derer willen gefeiert werden, an die man sich erinnert, wer würde dann zögern, sie zu empfehlen, für wessen Gebete nicht umsonst zu Gott gebetet wird? Es ist überhaupt nicht zu bezweifeln, dass solche Gebete den Toten nützen; aber für diejenigen von ihnen, die vor ihrem Tod so gelebt haben, dass diese Dinge ihnen nach dem Tod nützlich sein können”
Hl. Augustinus von Hippo (354-430), Predigt 172.2
“Wir lesen im Buch der Makkabäer, dass Opfer für die Toten dargebracht wurden. Aber auch wenn sie in den alttestamentlichen Schriften nirgendwo zu finden wäre, ist die in diesem Punkt klare Autorität der Gesamtkirche von nicht geringem Gewicht, wo in den Gebeten des Priesters dem Herrn Gott an Seinem Altar das Lob des die Toten haben ihren Platz“ (Die Sorge um die Toten) „Zeitliche Strafen werden nur von einigen in diesem Leben, von einigen nach dem Tod, von einigen sowohl hier als auch im Jenseits erlitten; aber alle vor diesem letzten und strengsten Urteil. Aber nicht alle, die nach dem Tod zeitliche Strafen erleiden, werden zu ewigen Strafen kommen, die nach diesem Gericht folgen.”
Hl. Augustinus von Hippo (354-430), Der Gottesstaat, Buch 21, Kap. 13
“Für einige der Toten wird tatsächlich das Gebet der Kirche oder von Frommen erhört; aber es ist für diejenigen, die, nachdem sie in Christus wiedergeboren worden sind, ihr Leben nicht so schlecht verbracht haben, dass sie eines solchen Mitleids für unwürdig gehalten werden können, noch so gut, dass man davon ausgehen kann, dass sie es nicht brauchen. Ebenso wird es nach der Auferstehung einige Tote geben, denen, nachdem sie die den Geistern der Toten eigentümlichen Schmerzen ertragen haben, Barmherzigkeit gewährt und von der Strafe des ewigen Feuers freigesprochen wird. Denn wären nicht einige, deren Sünden in diesem Leben zwar nicht erlassen, aber im kommenden Leben erlassen würden, so könnte man nicht wahrhaftig sagen: Ihnen wird nicht vergeben werden, weder in dieser Welt noch in dem, was noch kommen wird”
Hl. Augustinus von Hippo (354-430), Der Gottesstaat, Buch 21, Kap. 24/2
Man könnte noch einiges mehr vom Hl. Augustinus zitieren, der wie wir wissen, ein Schüler des Hl. Ambrosius von Mailand war. Jedoch möchte ich auch hier darauf hinweisen, dass er das als den Glauben der “Gesamtkirche” sieht, von Almosen, Fürsprache und anderen Dingen spricht und damit nichts Neues erfunden hat, sondern nur bestätigt, was vor ihm in den Jahrhunderten geglaubt wurde und was laut dem hl. Johannes Chrysostomus durch die Apostel gelehrt wurde.
Ich möchte diesen kurzen Artikel beenden mit einem der größten Päpste der Kirchengeschichte, dem hl. Papst Gregor dem Großen:
Dialog 4, XXXIX. Kapitel: Ob es nach dem Tode ein Fegfeuer gibt
“Gregorius. Im Evangelium spricht der Herr: „Wandelt, solange ihr das Licht habet;” und beim Propheten sagt er: „Zur Zeit der Gnade erhör ich dich, am Tage des Heiles helf ich dir.” Der Apostel Paulus legt dies so aus: „Siehe, jetzt ist die gnadenreiche Zeit, siehe, jetzt ist der Tag des Heiles!“ Desgleichen sagt Salomon: „Tu’ eifrig, was immer deine Hand tun kann; denn in der Unterwelt, dahin du eilest, ist weder Werk, noch Vernunft, noch Wissenschaft, noch Weisheit.” Und David: „In Ewigkeit währt seine Barmherzigkeit.” Aus diesen Stellen geht hervor, daß jeder im Gerichte so erscheint, wie er von der Erde scheidet. Man muß jedoch glauben, daß es vor dem Gerichte noch für gewisse leichte Sünden ein Reinigungsfeuer gibt, weil die ewige Wahrheit sagt, daß, wenn jemand wider den Heiligen Geist lästert, ihm weder in dieser noch in der zukünftigen Welt vergeben wird. Aus diesem Ausspruch geht hervor, daß einige Sünden in dieser, andere in jener Welt nachgelassen werden können. Denn, was von einer Sünde ausdrücklich verneint wird, wird nach folgerichtiger Auffassung von den übrigen zugestanden. Jedoch muß man, wie bemerkt, glauben, daß dies nur bei geringen, ja ganz kleinen Sünden stattfinde, wie häufiges unnützes Gerede, unmäßiges Gelächter oder eine Sünde in der Leitung des Hauses, die kaum bei denen ohne Sünde abgeht, welche wissen, wie man der Sünde vorbeugen kann; dasselbe gilt von einem Fehler aus Unkenntnis in einer nicht bedeutenden Sache. Alles dies belastet die Seele noch nach dem Tode, wenn keine Nachlassung in diesem Leben erfolgte. Denn an der Stelle, wo Paulus sagt, Christus sei der Grundstein, fügt er hinzu: „Wenn jemand auf diesen Grund bauet Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stoppeln, so wird das Feuer erproben, wie das Werk eines jeden sei: wenn jemands Werk, welches er darauf gebaut hat, besteht, so wird er Lohn empfangen.
Brennt aber jemands Werk, so wird er Schaden leiden, er selbst aber wird selig werden, jedoch so wie durch Feuer.” Obwohl dies auch von dem Feuer der Trübsal, das uns in diesem Leben prüft, verstanden werden kann, so muß man doch, wenn man es auf das zukünftige Fegfeuer anwenden will, wohl darauf achten, daß sich die Rettung, von der die Rede ist, nicht auf jenen bezieht, der auf diesem Grundstein Eisen, Erz oder Blei errichtet, das heißt größere und insofern härtere Sünden, die im Fegfeuer überhaupt nicht nachgelassen werden können, sondern auf einen solchen, der Gebäude aus Holz, Heu oder Stoppeln errichtet, d. h, ganz leichte und geringe Sünden, welche das Feuer leicht tilgen kann. Auch dies muß man wissen, daß dort niemand, selbst nicht für die geringsten Sünden, Reinigung erlangen wird, der sich dies nicht hier durch gute Werke zum voraus verdient hat.”
Es könnten noch einige andere Zitate herangezogen werden, aber ich bin davon überzeugt, dass diese Beispiele genügen. Kommen wir nun zur Summe der vorgezeigten Zitate:
Wir haben hier Beweise aus dem ganzen damaligen römischen Reich gebracht, die alleine, wenn man bedenkt, dass sie aus den verschiedenen Ecken der Christenheit stammen, beweisen, dass die Lehre über die Reinigung nach dem Tod für zeitliche Sünden, die man als Christ begangen hat, universell war. In Anbetracht dessen und in Verbindung der aus der Schrift angeführten Beweise kann muss man feststellen, dass der Glaube an das “Fegefeuer” der Glaube einer göttlichen Wahrheit ist und zutiefst christlich.