Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, erwecken aus dir und aus deinen Brüdern; dem sollt ihr gehorchen.
5. Mose 18,15
In einer multireligiösen Gesellschaft drehen sich Gespräche von Menschen oft um die Frage, welche Religion “wahre Religion” ist. Dahinter steht die Idee, dass der Wahrheitsanspruch wie ihn z.B. das Christentum formuliert, auf dem Prüfstand steht. Andere Religionen drängen nach einem Platz auf dem Markt der religiösen Wahrheiten. Ich möchte diesen Versuch nicht werten, stehen hinter diesem Ansinnen doch Menschen mit ihren persönlichen Anfragen an Autoritäten und der Suche nach Gott. Wenn uns die Welt mehrere Optionen einer religiösen Wahrheit bietet, muss es Beweise für die eine oder andere Variante geben. Das Christentum leitet seinen Wahrheitsanspruch direkt aus den Selbstaussagen Jesu Christi ab, die wir in der Heiligen Schrift bezeugt finden.
Jesus sagt “Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.” (Joh 14,6) Natürlich bedeutet es nicht, dass wir als individuelle Menschen bereits vollumfänglich diese Offenbarung verstanden haben, dennoch wissen wir, dass in dieser Aussage eine Exklusivität steckt: “Niemand kommt zum Vater denn durch mich.” Jesus Christus ist der einzige Weg zu Gott zu kommen: In der Umsetzung des Evangeliums werden wir selbst im eigenen Leben in das Verständnis der Wahrheit geleitet (Joh 16,13). So gibt es viele ehrliche Wege, die Wahrheit verstehen zu wollen, doch nur einen Weg, der zum Vater führt. Gleichzeitig gibt es auch Versuche, einen Text nicht ehrlich zu betrachten und ihm einen Bedeutungsinhalt anzuheften, der sich nicht natürlich erschließt und der auch bei näherer Untersuchung nicht standhalten kann. Wir sprechen in so einem Fall von Eisegese.
Ein klassisches Beispiel hierfür ist, den Religionsstifters des Islam im Buch Deuteronomium angekündigt sehen zu wollen. Die Bibel spricht in folgendem Wortlaut: “Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, erwecken aus dir und aus deinen Brüdern; dem sollt ihr gehorchen.” (5. Mose 18,15) Laut vielen Muslimen und auch islamischen Theologen erfüllt Mohammed dieses Kriterium. Mohammed habe ein Volk geführt, er sei Vater gewesen, hätte ein Gesetz gebracht – die Argumente finden sich auf vielen islamischen Seiten. Das Problem ist, dass in dieser Diskussion die Kriterien aus islamischer Position definiert werden und nicht nach den Kriterien der Thora:
“Und es stand hinfort kein Prophet in Israel auf wie Mose, den der HERR erkannt hätte von Angesicht zu Angesicht, mit all den Zeichen und Wundern, mit denen der HERR ihn gesandt hatte, dass er sie täte in Ägyptenland am Pharao und an allen seinen Großen und an seinem ganzen Lande, und mit all der mächtigen Kraft und den großen Schreckenstaten, die Mose vollbrachte vor den Augen von ganz Israel.” (5. Mose 34,10-12)
Diese Punkte treffen auf Mohammed nicht zu. Ein weiterer Einwand ist, dass Jesus Christus den Geist der Wahrheit verkündet und dieser Geist der Wahrheit abweichend von der christlichen Rezeption nicht der Heilige Geist wäre, sondern ein kommender Prophet:
“Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in aller Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen.” (Joh 16,12-13)
Auf den ersten Blick scheint hier auf eine kommende Person hingewiesen zu werden. Deswegen müssen wir einige weitere Passagen im Johannesevangelium berücksichtigen. Wir müssen zur Beurteilung der Frage, wer der Geist der Wahrheit ist, ebenfalls in der Schrift bleiben und können nicht außerbiblische Quellen heranziehen. Im Johannesevangelium wird klar aufgezeigt, wieso mit dem Geist der Wahrheit der heilige Geist gemeint ist:
“Und ich will den Vater bitten und er wird euch einen andern Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit: den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht. Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein. Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich komme zu euch.” (Joh 14,16-18)
Die Jünger kannten den heiligen Geist bereits in seinem Wirken und er wird in Ewigkeit bei ihnen bleiben. Damit kann eine historische Person, die mehrere Jahrhunderte später kommt und sterben wird, nicht gemeint sein. Der Hinweis, dass Jesus den Beistand schicken wird, damit die Jünger nicht als Waisen zurückbleiben, ist ebenfalls ein Hinweis auf die zeitliche Nähe des Eintreffens des Geistes.
Muslime argumentieren an dieser Stelle, dass der heilige Geist schon immer da war. Zum Beispiel bei der Taufe. Die Tatsache, dass der Geist erst gesendet werden müsse, spreche gegen die christliche Rezeption. Hier hilft abermals ein Blick in die Schrift: “Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten; denn der Geist war noch nicht da; denn Jesus war noch nicht verherrlicht.” (Joh 7,39)
Der Geist wurde immer wieder an einzelne Personen gesandt, so auch bei der Taufe von Jesus (Lk 3,22). Es war aber nicht dauerhaft auf den Christen als Gemeinde. Erst mit dem Pfingstereignis kam es zur Ausgießung des Geistes auf die ganze Gemeinde, “alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt” (Apg 2,4).
Bereits im Alten Testament gibt es im Buch Joel hierzu eine Prophetie: “Danach aber wird Folgendes geschehen: Ich werde meinen Geist ausgießen über alles Fleisch. Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein, eure Alten werden Träume haben und eure jungen Männer haben Visionen. Auch über Knechte und Mägde werde ich meinen Geist ausgießen in jenen Tagen” (Joel 3,1-2).
Wir sehen wie wichtig es ist, zur Interpretation der Schrift in der Schrift selbst zu verbleiben und nicht Schriften anderer Religionen heranzuziehen. Fromme Muslime werden sich auf eine sorgfältige Prüfung einlassen, denn Gott belohnt die Menschen, die ihn ehrlich suchen (vgl. Hebr 11,6). Schon Paulus begegnete den Nichtchristen auf seinen Reisen in einer respektvollen und anerkennenden Weise (vgl. Apg 17,22), in diesem Geist möchte ich auch Muslime bitten, die vorliegenden Fakten zu prüfen.