Glaube und Werke

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Du siehst, dass bei ihm der Glaube und die Werke zusammenwirkten und dass erst durch die Werke der Glaube vollendet wurde. […] Ihr seht, dass der Mensch aufgrund seiner Werke gerechtfertigt wird, nicht durch den Glauben allein.

– DER BRIEF DES JAKOBUS 2,22; 2,24

Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder seinen Lohn empfängt für das Gute oder Böse, das er im irdischen Leben getan hat.

– DER ZWEITE BRIEF AN DIE KORINTHER 5,10

Häufig wird angeführt, „dass der Mensch gerecht wird durch Glauben, unabhängig von Werken des Gesetzes“ (Röm 3,28). Dieser Vers wird mit Jakobus und Korinther nicht harmonisiert, sondern herausgerissen und als Referenz dafür angeführt, dass die katholische Kirche nicht das richtige Evangelium verkünde. Das Problem ist, dass Jakobus dann ebenfalls nicht das richtige Evangelium predigt und damit in der Schrift ein falsches Evangelium gepredigt würde. Wenn die Kirche bekennt, dass „Glaube und Werke zusammenwirken“ und „der Mensch aufgrund seiner Werke gerechtfertigt wird“, in der Erwartung, dass „alle vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden“ und nach dem beurteilt werden, was sie „im irdischen Leben getan“ haben, zitiert die Kirche erst einmal nur den Jakobusbrief und den zweiten Brief an die Korinther.

Ein großes Missverständnis ergibt sich aus der Hinzufügung des Wortes „allein“ durch Luther. Im Originaltext von Römer heißt es, dass wir durch Glauben gerechtfertigt werden, nicht durch „den „Glauben allein“. Das „allein“ wurde von Luther hinzugefügt. Natürlich entsteht nun ein drastischer Widerspruch, wenn es in Jakobus heißt, dass der Mensch „aufgrund seiner Werke gerechtfertigt wird, nicht durch den Glauben allein“ und im Römerbrief, dass der Mensch durch „Glaube allein“ gerechtfertigt wird. „Glauben allein“ findet sich in der Schrift nur in abgelehnter Form. Es würde keinen Sinn ergeben, wenn uns die Schrift verheißt, dass wir vor dem Richterstuhl Christi nach unseren Taten gerichtet werden, davon auszugehen, dass wir nach dem Glauben allein gerichtet werden. Klammern wir die Hinzufügung von Luther aus, mindert sich deutlich die Widersprüchlichkeit: „So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke durch den Glauben“ (Röm 3,28), jedoch „nicht durch den Glauben allein“ (Jak 2,24), denn „Glaube und Werke [des Glaubens] wirken zusammen“ und erst die Werke „vollenden den Glauben“ (Jak 2,22). Durch diese Vollendung wird es überhaupt erst möglich, dass wir vor dem Richterstuhl Christi „nach unseren Taten des irdischen Lebens“ (2. Kor 5,10) Lohn empfangen.

Kontext ist King! Wir müssen beachten, was in beiden Kontexten ausgesagt werden soll. Im Römerbrief haben wir eine gemischte Gemeinde aus Judenchristen und Heidenchristen. Damals traten Irrlehrer auf und wollten die Heiden davon überzeugen, dass sie sich auch beschneiden lassen oder andere Werke aus dem Gesetz tun müssen. Hier wendet Paulus ganz klar ein, dass alle, egal ob Judenchristen oder Heidenchristen, ohne eigenes Zutun die Gnade Christi erlangt haben, weder müssten die Heiden die Gesetze aus den Büchern Mose befolgen, noch sind die Judenchristen gerechtfertigt, weil sie Gesetzeswerke aus den Büchern Mose tun. Das ist die klare Botschaft des Römerbriefes: wir haben nichts dafür geleistet, dass Christus uns aus der Knechtschaft der Sünde freigekauft hat.

Die Liebe hat ihren Grund nicht darin, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühnopfer für unsere Sünden gesandt hat.

– 1. JOHANNES 4,10

Jakobus schließt im Grunde an dem Gedanken an. Es können sich nämlich Eitelkeiten entwickeln: schließlich wurde der Mensch schon erlöst, er müsse keine Werke mehr tun, wir müssen nicht mehr barmherzig sein, keine tätige Nächstenliebe zeigen. Denn schließlich sind wir bereits erlöst und wir können nichts dafür tun. Gegen solche Irrlehren wendet sich auch das Konzil von Trient und, wenn wir den Jakobusbrief aufmerksam lesen, auch dieser. Inwieweit wirken überhaupt Werke und Glaube zusammen, wie es der Jakobusbrief schreibt? „Ihr wisst ja, dass die Erprobung Eures Glaubens Standhaftigkeit bewirkt; die Standhaftigkeit aber soll zu einem vollendeten Werk werden, damit ihr vollkommen und untadelig seid und in nichts versagt.“ (Jak, 1,3-4) Jakobus richtet sich an Menschen, die bereits fest im Glauben stehen und er mahnt an, dass der Glaube ohne Werke tot sei. Ein Glaube müsse Werke hervorbringen, Werke des Glaubens und der Liebe. Die Tatsache, dass Christus ihnen ihre unvollkommenen Werke nicht angerechnet hat, als sie zum Glauben kamen, kann nicht als Ausrede dafür dienen, nun keine Frucht zu bringen. Denn „an ihren Taten sollt ihr sie erkennen!“ (1. Joh 2,1) Im Matthäus-Evangelium heißt es: „An ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen!“ (Mt 7,20) Die tätige Nächstenliebe und die Werke der Barmherzigkeit dürfen nicht verwechselt werden mit den Gesetzeswerken aus dem Römerbrief, denn aus dem Gesetz kommt keine Rechtfertigung. Doch weil wir Christus lieben, werden wir seine Gebote halten (Joh 14,15).

Das Christentum kennt seit jeher die tätige Nächstenliebe bzw. die von Christus eingeforderten Werke der Barmherzigkeit, die aus dem bekehrten Herzen sprießen, abgelegt haben Christen den Gedanken, sie müssten durch des Gesetzes Werke die Erlösung verdienen. Die Schrift muss als Ganzes gesehen werden. Niemand kann sich das Himmelreich aus Gesetzeswerken verdienen, aber die Frucht der Liebe wird zeigen, was an uns offenbar wird: „Jeder Baum, der keine guten Früchte hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.“ (Mt 7,19)

Wer es nicht schafft, Jakobus und Römer zu harmonisieren und aus der bloßen Tatsache, dass die katholische Kirche Jakobus zitiert, wenn sie auf die Synergie zwischen Werken der Barmherzigkeit und dem Glauben hinweist, ableitet, die Kirche hätte ein falsches Evangelium, sollte sich selbst fragen, ob er die notwendige Verstandesreife hat, sich „allein der Schrift“ zuzuwenden. Und er sollte sich fragen, ob er vom Herrn vielleicht beim Gericht gefragt wird, wiese er Menschen dazu angestiftet hat, nichts Gutes zu tun, wieso er selbst Gutes unterlassen und Böses getan hat, wenn er meint, dass jeder Mensch auch dann gerettet sei, wenn er Böses tut und Christus nicht mehr nachfolgt.

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